25 Jahre erfolgreiche Vernetzung: "Was hatten wir alles geplant… und dann kam Corona!"

Die Landesarbeitsgemeinschaft Frauen und HIV in NRW – kurz LAG – kann 2020 auf 25 Jahre des gemeinsamen und erfolgreichen Wirkens zurückblicken. 25 Jahre, in denen ein dichtes Netz gestrickt wurde. Ein landesweites Netz, bestehend aus zahlreichen kleinen und größeren Arbeitsbereichen mit dem Schwerpunkt Frauen und HIV/Aids innerhalb von Aidshilfen und anderen Beratungsstellen. Diese Stellen – oder sagen wir lieber die XXelle Frauen und alle, die sich mit ihnen engagiert und eingesetzt haben – sie haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam Aktionen zu ermöglichen, die ohne die gegenseitige Unterstützung - sei es durch Knowhow oder durch Women-Power - oft nicht möglich wären. So machen Selbsthilfegruppen in vielen Fällen erst dann Sinn, wenn sie aus mehr als zwei Personen bestehen. In den kleineren Aidshilfen in NRW gibt es aber manchmal nur zwei Frauen mit HIV/Aids mit ähnlichen Interessenlagen, ähnlichem Zeitkontingent, einem ähnlichen kulturellen Hintergrund und ähnlicher Motivation. Aber zwei von hier plus zwei von dort sind schon vier – und so funktioniert‘s! Immer besser, denn man kennt sich, weiß, was man erwarten kann, was welche leisten und anbieten kann. „25 Jahre erfolgreiche Vernetzung“ – unter diesem Motto ist die LAG in IHR Jahr 2020 gegangen.

Begonnen hat die LAG ihr Jahr mit der ersten Sitzung Ende Februar in Gelsenkirchen. Es war ein zweitägiges Treffen, in dem es neben Themen wie der elektronischen Gesundheitskarte, dem Forum Zukunft, der Sprecherinnen-Wahl auch darum ging, öffentlichkeitswirksame Aktionen für 2020 zu planen. Es wurde ein Claim mit dem Abspann „25 Jahre erfolgreiche Vernetzung“ vorgestellt, der in diesem Jahr das Logo von XXelle ergänzen soll. 

Der Abend des ersten Sitzungstages stand dann ganz im Zeichen dieser 25 Jahre: Bereits Erreichtes und die gesamte Arbeit und Entwicklung der Jahre seit 1995 wurden angesprochen und gewürdigt. Dazu hielt Johanna vom Landesvorstand der Aidshilfe NRW in festlicher Runde bei einem feinen Büffet eine Rede.

Zur besseren zeitlichen Einordnung: Am 15. Februar meldete Frankreich den ersten Covid-Toten. Ende Februar tagt erstmals der neu eingerichtete Krisenstab der Bundesregierung. Bis etwa Ende Februar war in Europa vorrangig Italien schwer von der neuartigen Lungenerkrankung Covid 19 betroffen, einzelne Regionen wurden zügig abgeschottet.

Anfang März nahmen Vertreterinnen der LAG noch an einem Treffen der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Frauen in Berlin teil. Zu diesem Zeitpunkt etwa begannen viele Menschen in Deutschland Toilettenpapier zu hamstern. Dann ging alles schnell bzw. es ging einfach nichts mehr! Am 11. März rief die Weltgesundheitsorganisation eine Pandemie aus, daraufhin riegelten einige Länder ihre Grenzen ab, darunter Polen und Dänemark. Der Landesverband beschloss bis Ende April alle Veranstaltungen abzusagen. Petra Hielscher, die Koordinatorin der LAG, begann sich Gedanken zu Alternativen zu einer Präsenzveranstaltung zu machen. Die Frage nach der Ausstattung und Internetfähigkeit der Arbeitsplätze in den einzelnen Aidshilfen kam auf. Eventuell könnte eine Videokonferenz die für Mai geplante zweite Sitzung der LAG ersetzen. Zur Disposition standen zu diesem Zeitpunkt auch die weiteren Veranstaltungen zum Jahr der LAG, nachdem der Auftritt beim Jahresempfang der Aidshilfe NRW ja bereits nicht mehr stattfinden konnte. Eine große Hoffnung lag auf einen gemeinsam mit Herzenslust geplanten Event auf einem Rheinschiff am 19. Juni. 

Am 18. März verhängte die EU einen Einreisestopp. Am 22. März einigten sich Bund und Länder auf strenge Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, die sukzessive verlängert wurden. In diesem Zuge musste auch das Rheinschiff storniert werden. Häppchenweise fiel für die LAG alles weg, was sie seit zwei Jahren geplant und vorbereitet hatte. 

Am 31. März meldeten die Experten für Deutschland bereits über 67.000 Covid-19-Fälle. 

Vor Ort in den Aidshilfen und anderen Beratungsstellen musste ebenfalls vieles erst einmal abgesagt werden Wie kann es weitergehen, wie eine Begleitung, eine Beratung und gemeinsame Angebote unter diesen Umständen umgesetzt werden? Dieser Zustand währte glücklicherweise nicht lang. Gemeinsam entwickelten die Frauen relativ schnell neue Ideen für neue Settings und machten sich viele Gedanken darüber, wie die Arbeit weiter aufrechterhalten und gestaltet werden kann. Sie begannen damit, die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe zu definieren und sich darüber auszutauschen, was davon umgesetzt werden kann. Und so entstanden Angebote zu Beratungen bei Spaziergängen an der frischen Luft oder einem Come together im Innenhof mit dem nötigen Abstand. Es gründete sich eine Nordic-Walking-Gruppe und es gab Picknicks auf der grünen Wiese. Alles, um den Kontakt nicht abreißen und die Menschen nicht plötzlich alleine lassen zu müssen. Petra Hielscher besorgte für die Kolleg*innen der XXelle-Standorte Mund- und Nasenmasken, in einem Büro wurde eine Art „Spuckschutz“ installiert, um auch weiter einen 1:1 Kontakt zu ermöglichen. Manche Selbsthilfegruppe organisierte ihr gemeinsames Treffen als Videokonferenz über die digitalen Medien. Veranstaltungen, die online nicht durchführbar schienen, wurden verschoben auf einen späteren Zeitpunkt.

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW attestierte der Aidshilfe und ihrer Arbeit im Mai eine „Systemrelevanz“, was den Kolleg*innen beispielsweise ermöglichte, ihre Kinder in die ansonsten für die Allgemeinbevölkerung geschlossenen Kindergarten zu geben, um weiterhin arbeiten zu können.

Ein extra zum 25-jährigen Bestehen der LAG produzierter Film sollte auf der Rhein-Schiffstour Mitte Juni seine Premiere haben. Langjährige Kooperationspartner*innen und Wegbegleiter*innen der LAG treten hierin auf und berichten über ihre eigenen Erfahrungen mit und Erinnerungen zu der erfolgreichen Vernetzungsarbeit der LAG. Das lange vorbereitete Event wurde nun ebenfalls abgesagt, der Film hatte auf Youtube seine Premiere, wurde von vielen zum angesetzten Zeitpunkt angesehen und im Anschluss auch auf xxelle-nrw.de veröffentlicht.

Die neu in diesem Jahr entwickelte Kampagne trifft den Nerv dieses Jahres mit Corona auf den Punkt – ohne vorher jemals von Corona gehört zu haben. “Wir sind auch weiter für euch da“ – gilt für die Frauen der LAG in der Pandemie-Zeit genauso wie in der Zeit davor und danach. Aber heute ist es noch wichtiger und leider auch noch schwieriger. „Wir sind auch weiter für euch da“ – diesen Leitspruch entwickelten die LAG-Frauen in sechs Motiven für Postkarten, Internetseiten und andere digitale Plattformen. Die Motive sind vielfältig einsetzbar. Auch und gerade in der Coronazeit. 

LAG-Präsenz-Treffen gab es seitdem nicht mehr, aber es fanden in 2020 bereits vier Videokonferenzen statt. Und sie werden immer effektiver. Im Mai bei der ersten Sitzung ging es um die veränderte Arbeit der Deutschen AIDS-Stiftung und das geänderte Antragsverfahren zur finanziellen Unterstützung. Dazu sprach die LAG mit Dr. Kristel Degener von der Deutschen AIDS-Stiftung. Im Juni war Corona das Schwerpunktthema und wie die Aidshilfen unter diesen Bedingungen ihre Arbeit aufrechterhalten haben. Bei der dritten Video-Sitzung im September referierte Lena Klatte von der Trans*beratung Düsseldorf. Trans*geschlechtlichkeit ist immer öfter Gegenstand in Beratungsgesprächen, weshalb es sinnvoll scheint, eine gemeinsame Wissensbasis zu schaffen. Die Video-Schaltung im November diente der Vertiefung der Themen und bot einen Ausblick auf 2021, wo heute bereits die Themen Critical Whiteness und Rassismus auf der Tagesordnung stehen.

Austausch und Input funktionieren in dieser digitalen Form - solange die Technik mitmacht – gut, auch wenn es manchmal in einer großen Gruppe (in der Regel sind es 15 bis 20 Teilnehmende) anstrengend ist. Es ist viel Disziplin nötig und es braucht klare Regeln. Aber es ist ein Weg.

So war 2020 – das LAG-Jahr – unter Corona-Bedingungen. Die zweite Welle ist längst da, ein weiterer Lockdown auch. Die LAG-Frauen hatten sich das alles etwas fröhlicher und anders vorgestellt. Und dennoch bleiben sie aktiv, planen nächste Termine, nächste Arbeitssitzungen und sind wie immer vor allem eines: auch weiter für euch da!

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