Januar 2024

(c) Isabel Schayani

Liebe Leser*innen,

In den zurückliegenden Tagen sind in vielen Städten Deutschlands Hunderttausende auf die Straße gegangen. Damit setzten sie ein deutliches Signal gegen jede Form von Rechtsextremismus und Nationalismus. Anlass war ein wenige Tage zuvor vom Recherchenetzwerk "Correctiv" aufgedecktes Treffen in Potsdam Ende November, an dem Mitglieder rechtsradikaler und ultrakonservativer Gruppierungen, unter anderem Mandatsträger*innen der AfD, teilgenommen hatten. Dort wurden unter dem rechtsextremen Kampfbegriff "Remigration" rassistische Deportationspläne für Menschen aus Deutschland diskutiert. Für den "Masterplan Remigration" solle ein "Musterstaat" in Nordafrika geschaffen werden. Dorthin könne man Menschen mit einer Migrationsgeschichte sowie Menschen, die sich für Geflüchtete engagierten, abschieben, so die Recherchen von "Correctiv".
Es ist alarmierend, wie weit sich Teile der Bevölkerung von unseren freiheitlich-demokratischen Grundsätzen distanziert haben und mit wie viel Hass und Unmenschlichkeit die Demokratiefeind*innen solch krude Pläne besprechen. Man mag sich auf die Meinungs- und Gedankenfreiheit berufen, doch Hass ist ebenso wenig eine Meinung wie das Verächtlichmachen der Menschenwürde und das Absprechen von Grundrechten.
Das betrifft uns als Aidshilfen ganz konkret. Ein Großteil der Klientinnen, die sich im Kontext von XXelle an unsere Kolleg*innen wenden, stammt nicht aus Deutschland, lebt aber, zum Teil schon seit vielen Jahren, selbstverständlich bei uns. Sie können sich unserer Loyalität sicher sein. Um sie aber auch ihres Schutzes und ihrer Sicherheit, ihrer Behandlungs- und Versorgungsmöglichkeit zu versichern, müssen wir für ihre Rechte eintreten und für deren Erhalt kämpfen.
Dabei hilft ein Blick in die Geschichte unseres Landes. Ein Tag wie der 27. Januar, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, kann unseren Blick schärfen für die Gefahren, denen die Demokratie und unsere freiheitliche Grundordnung ausgesetzt sein können.
Für uns in den Aidshilfen ist es selbstverständlich, über unseren Tellerrand hinauszublicken. Dazu gehört ein klares Bekenntnis zu "Nie wieder!" ebenso wie die Achtsamkeit für die Sorgen und Ängste der Menschen in unseren Zielgruppen. Mögen Demonstrationen wie die in den vergangenen Tagen in Köln, Essen, Dortmund, Bonn, Aachen, Recklinghausen, Wuppertal und Bochum mit Hunderttausenden Teilnehmenden und viele weitere in den kommenden Wochen uns ermutigen, zu einem Klima beizutragen, in dem verrückte Deportationsphantasien keinen Raum bekommen und rechtes Gedankengut mit klarem demokratischem Verständnis bekämpft werden kann. 
In diesem Sinne wünschen wir uns allen ein gutes und friedliches 2024 und eine anregende Lektüre unseres Newsletters!

Petra Hielscher und Guido Schlimbach
Frauen und HIV/Aids
Aidshilfe NRW

A K T U E L L E S

Gedenken an Ute Krackow
Sie wurde jäh aus dem Leben gerissen: Am 11. Dezember 2023 ist Ute Krackow, die Geschäftsführerin der Aidshilfe Schleswig-Holstein, völlig überraschend im Alter von 61 Jahren verstorben. Mehr als 30 Jahre war sie Motor und Stützpfeiler – in der Aidshilfe Kiel, im Landesverband und auf Bundesebene, wo sie in unzähligen Projekten und Arbeitskreisen tätig war. Auch der Aidshilfe NRW war sie seit vielen Jahren verbunden und hat ihre Expertise im Beirat zur Vergabe der zielgruppenspezifischen Präventionsmittel eingebracht. Wir verabschieden uns von einer engagierten Kollegin und guten Freundin. Eine Gedenkseite finden Sie unter magazin.hiv.

S O Z I A L E S

Verhütung ist Menschenrecht!
Die Bundesregierung hat sich im aktuellen Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass es Krankenkassen ermöglicht werden soll, Verhütungsmittel als Satzungsleistung zu erstatten. Insbesondere bei Geringverdiener*innen sollen die Kosten übernommen werden. Die Bundesregierung kündigte ebenfalls an, die Forschungsförderung für Verhütungsmittel für alle Geschlechter anzuheben. Zur Halbzeit der Legislatur wurde bislang keines der genannten Vorhaben verwirklicht. Der Paritätische Gesamtverband hat bereits im Jahr 2019 gemeinsam mit dem pro familia Bundesverband ein Fachgespräch zur Kostenfreiheit von Verhütungsmitteln durchgeführt und auch hierzu eine Dokumentation erstellt. Diese finden Sie hier (PDF-Datei).

Sexarbeit und Schwangerschaft
In einem Podcast wird die Stigmatisierung von schwangeren Sexarbeiterinnen thematisiert. Eine Sozialarbeiterin, zwei Wissenschaftler*innen und eine Hebamme berichten von den Stigmatisierungen, mit denen betroffene Sexarbeiterinnen konfrontiert werden. Zum Podcast von Radio X in der Schweiz gelangen Sie unter radiox.ch.

P O L I T I K 

Wir ALLE gegen Gewalt an Frauen!
Erstmals haben sich Betroffene von häuslicher Gewalt mit zahlreichen Fachexpert*innen sowie mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammengeschlossen. Sie fordern die Umsetzung von Gewaltschutzmaßnahmen, nachhaltige Täterarbeit, Gewaltprävention und Solidarität mit Betroffenen von geschlechtsspezifischer Gewalt. Das gemeinsame Manifest „Wir ALLE gegen Gewalt an Frauen“ wurde am 23. November 2023 an Bundesfamilienministerin Lisa Paus übergeben. Insgesamt 77 Organisationen und Institutionen aus unterschiedlichsten Bereichen der Zivilgesellschaft zählen zu den Erstunterzeichnenden. Das Manifest finden Sie unter wiralle.org und kann online von allen Bundesbürger*innen, die es unterstützen möchten, hier unterzeichnet werden.

G E S U N D H E I T

PrEP funktioniert und es können mehr Menschen von der PrEP profitieren
Eine Evaluation der Einführung der HIV-Präexpositionsprophylaxe als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (EvE-PrEP) zeigt einen hocheffektiven Schutz vor HIV ohne Zunahme sexuell übertragbarer Infektionen. Rund 32.000 Menschen in Deutschland nutzen die PrEP gegen eine Infektion mit HIV. Sie ist seit September 2019 eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Daniel Schmidt, beim Robert-Koch-Institut (RKI) Leiter der PrEP-Evaluation und des derzeitigen Aufbaus einer umfassenden PrEP-Surveillance in Deutschland, erläutert, was nötig ist, um noch mehr Menschen in Deutschland mit dieser Vorsorge zu erreichen. Fünf Fragen an Daniel Schmidt beleuchten die Hintergründe. Das Interview "Es könnten noch deutlich mehr Menschen von der HIV-Präexpositionsprophylaxe profitieren" finden Sie unter aerzteblatt.de.

PrEP-Empfehlung verabschiedet
Die Landeskommission AIDS nimmt zur Kenntnis, dass die Präexpositionsprophylaxe eine wissenschaftlich belegte, effektive Methode zur Vermeidung von HIV-Infektionen bei Menschen mit einem erhöhten HIV-Ansteckungsrisiko ist. Bisher ist u. a. laut Einschätzung des Robert Koch-Instituts nur ein Teil der Menschen, für die die PrEP eine geeignete Möglichkeit zur Vermeidung von HIV-Infektionen wäre, mit einer PrEP versorgt, so dass die Zahl der Personen, die eine PrEP-Verordnung und -Begleitung benötigen, weiter steigen wird. Um mehr Menschen, die von einer PrEP profitieren würden, zu erreichen, werden zusätzlich entsprechende Kampagnen und weitere Beratungsangebote benötigt. Die Empfehlung der Landeskommission finden Sie unter aids-nrw.de.

Mangel an HIV- und PrEP-Medikament
Die Lage der Versorgung mit der Wirkstoffkombination Emtricitabin plus Tenofovirdisoproxil zur Präexpositionsprophylaxe (PrEP) hat sich zum Jahreswechsel stark zugespitzt. Dazu hat die Deutsche Aidshilfe (DAH) eine Pressemitteilung herausgegeben. Diese finden Sie unter aidshilfe.de.

M E D I E N 

Sexuelle und reproduktiven Rechte
Mit dem Projekt Sexuelle und reproduktive Rechte – KONKRET (Laufzeit 2021-2024) will pro familia über die sexuellen und reproduktiven Rechte aufklären und in unterschiedlichster Weise konkret erfahrbar machen. Die aktuelle Ausgabe des pro familia Magazins stellt vor, welche Ideen im Projekt entwickelt und an verschiedenen Standorten in Deutschland umgesetzt wurden. Anlässlich "75 Jahre Menschenrechte" wird über die Notwendigkeit resümiert, für sexuelle und reproduktive Rechte einzustehen. Sie können das Heft bestellen unter profamilia.de.

T H E M A

"Ich habe mich immer wieder einlullen lassen!"
Schwul oder bisexuell, von Beruf Landwirt, Bäcker oder Schreiner - und HIV-positiv. Eine komplexe Thematik, doch auf den ersten Blick kein Sujet für XXelle. Dies ändert sich, wenn wir das Thema erweitern: Die Situation aus der Perspektive einer Ehefrau. – Zugehörige Ehefrauen suchen Aidshilfen zunächst als Angehörige von Menschen mit HIV auf. Sie leben im Kontext der Infektion (gelegentlich sind sie selbst infiziert) und sind oft stark betroffen von der Problematik, die dieser Rahmen mit sich bringt. Lesen Sie dazu einen ausführlichen Artikel unter xxelle-nrw.de.

W I R   S T E L L E N   V O R

Wir stellen vor: Frauke aus der Aidshilfe Bielefeld
In der Aidshilfe Bielefeld kümmert sich seit August 2023 Frauke Arlitt unter anderem um die Belange der Frauen mit HIV. Sie hatte die Aidshilfe bereits während ihres Bachelorstudiums der Sozialen Arbeit kennengelernt, als sie ein Seminar besuchte, welches der Geschäftsführer Peter Struck dort hielt. Als dann genau hier eine freie Stelle ausgeschrieben wurde – zunächst ausschließlich im Bereich Youthwork – erinnerte sie sich daran. Es passte – zu ihrer bisherigen beruflichen Ausrichtung und zu ihrem Eindruck, den das Seminar bei ihr hinterlassen hatte. Also bewarb sie sich. Näheres zu ihrem Hintergrund und Wirken in der Aidshilfe erfahren Sie unter xxelle-nrw.de.

T E R M I N E / F O R T B I L D U N G E N

24. Januar 2024 | Köln
Dialog-Symposium "Zukunft der HIV-Therapie"
Diese Fortbildung mit Diskussionsforum richtet sich an medizinische Fachpersonen, Aids-Hilfen- und andere Community- Vertreter*innen sowie Menschen, die mit HIV leben. Das Programm umfasst Vorträge zu zukünftigen HIV-Behandlungsoptionen, zur HIV-Cure, zum Älter werden mit HIV, zu Stigma und Diskriminierung im Zusammenhang mit HIV und zum Einbezug von Patient*innen in die HIV-Forschung. Außerdem diskutieren Patient*innen und diverse Stakeholder über die Bedürfnisse und Erwartungen von Menschen, die mit HIV leben. Weitere Informationen finden Sie hier (PDF-Datei).

9. bis 11. Februar und 5. bis 7. April 2024 | Mülheim an der Ruhr
Buddyschulung
Ein positives Testergebnis wird immer noch meist als Schock erlebt. Das liegt auch an den alten Bildern von Aids, die nach wie vor in vielen Köpfen sind. Besonders Jüngere kennen kaum Positive und haben keine realistische Vorstellung vom heutigen Leben mit HIV. Hier setzt das Buddy-Projekt "Sprungbrett" der Deutschen Aidshilfe an, das Menschen mit frischer HIV-Diagnose bei den ersten Schritten ins positive Leben zur Seite steht. Weitere Informationen finden Sie unter seminar.aidshilfe.de.

15. bis 18. Februar 2024 | Waldschlösschen
"Positiven-Uni"
Positiv e.V., die Akademie Waldschlösschen und die Deutsche Aidshilfe führen einmal jährlich die "Positiven-Uni" durch. Die Positiven-Uni findet im Rahmen der bundesweiten Positiventreffen im Waldschlösschen statt und dient der Auseinandersetzung mit aktuellen Themen im HIV/Aids-Kontext. Dabei stehen strategische Diskussionen für Aktivist*innen, die in der Selbsthilfe aktiv sind (oder waren) ebenso wie für Interessierte an Diskussionen innerhalb der Aids- und Selbsthilfe im Mittelpunkt. Weitere Informationen finden Sie unter waldschloesschen.org.

22. bis 24. März 2024 | München
19. Münchner AIDS- und Infektiologie-Tage
Der Kongress ist ein unverzichtbarer Treffpunkt für alle, die sich mit der aktuellen Aids- und Infektiologie-Forschung beschäftigen oder in der Behandlung tätig sind. Unterschiedlichste Formate, von fundierten wissenschaftlichen Vorträgen bis hin zu praxisorientierten Workshops und Seminaren, bieten Ihnen nicht nur Informationen zu den Grundlagen der Aidsforschung, sondern auch zum klinischen Management. Nutzen Sie die Gelegenheit zum produktiven Austausch mit Kolleg*innen und führenden Expert*innen. Die Programmgestaltung berücksichtigt bewusst ein ausgewogenes Verhältnis zwischen somatischen und psychosozialen Aspekten. Wir sind stolz darauf, Anregungen aus verschiedenen Bereichen der Medizin und der Community umsetzen zu können. Anmeldung unter aids-tage.de.

16. April 2024 | Düsseldorf
Jahresempfang der Aidshilfe NRW
Wie immer findet diese Veranstaltung im Düsseldorfer Maxhaus statt. Weitere Informationen folgen.

22. bis 26. Juli 2024 | München
Welt-Aids-Konferenz
Zu der größten Konferenz zu wissenschaftlichen, sozialpolitischen und zivilgesellschaftlichen Aspekten von HIV werden mehr als 15.000 Wissenschaftler*innen, Mediziner*innen, andere Gesundheitsexpert*innen und Aktivist*innen aus über 175 Ländern erwartet. Die frühzeitige Anmeldung endet am 20. Februar 2024. Alle Informationen hierzu finden Sie unter iasociety.org.

23. November 2024 | Köln
HIV-KONTROVERS
Die interdisziplinäre Fachtagung der Aidshilfe NRW und der Deutschen AIDS-Gesellschaft findet im Herbst 2024 in Köln statt. Weitere Informationen zur Veranstaltung folgen im Frühsommer 2024.

S O N S T I G E S

Halbjahresprogramm von POSITHIV HANDELN
Auch 2024 macht die Positivenselbsthilfe NRW zahlreiche Angebote für ein selbstbestimmt(er)es und selbstbewusste(re)s Leben mit HIV. Das Programm für das erste Halbjahr 2024 der Positivenselbsthilfe POSITHIV HANDELN NRW finden Sie hier (PDF-Datei)

Ausschreibungen im Landesverband
Aktuelle Ausschreibungen der Aidshilfe NRW und ihrer Mitgliedsorganisationen sowie befreundeter Organisationen finden Sie unter ahnrw.de.

Der nächste Newsletter erscheint Ende Februar 2024
Wir freuen uns über interessante Berichte, Veranstaltungshinweise etc. Bitte senden Sie diese bis Mitte des Monats Februar 2024 per E-Mail an Petra Hielscher.

Aktuelles

2015-08-24: Gewissheit beim HIV-Test jetzt schon nach sechs Wochen

News30 Jahre nach der Einführung des HIV-Tests verkürzt sich das diagnostische Fenster. Die...   mehr

2015-08-06: Deutsche AIDS-Hilfe stützt Kurs von Amnesty International zur Sexarbeit

NewsAmnesty International steht unter Druck. Der Grund: Die Menschenrechtsorganisation will auf ihrer...   mehr

2015-09-04: Sexual health and sexual rights for all! Welttag der sexuellen Gesundheit

NewsDer Welttag der sexuellen Gesundheit 2015 steht unter dem Motto „Sexual health and sexual...   mehr

2015-10-01: Internationaler Tag der älteren Generation

NewsIn Deutschland wird die Gesellschaft zunehmend älter. Das gilt dank der medizinischen...   mehr

2015-10-08: Filmpremiere "Positiv schwanger"

NewsSchwangerschaft und HIV? – Das geht! Vier Mütter mit HIV erzählen ihre Geschichte....   mehr

Termine

Hier finden sie alle Termine und Aktivitäten der nächsten Wochen

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