2019-09-02: Urteil rechtskräftig. Polizei darf Bewerber*innen nicht allein wegen HIV ablehnen

Urteil rechtskräftig. Polizei darf Bewerber*innen nicht allein wegen HIV ablehnenErstmals in Deutschland besagt ein rechtskräftiges Urteil, dass Menschen mit HIV unter Therapie sowohl unter dem Gesichtspunkt des Risikos für Dritte als auch bezüglich des Erreichens der Dienstaltersgrenze polizeidiensttauglich sind.

Geklagt hatte ein HIV-positiver Mann, der sich Ende 2016 als Polizeikommissar-Anwärter beworben hatte. Seine Infektion wird, wie bei den allermeisten Menschen mit HIV, erfolgreich behandelt, HIV ist bei ihm daher auch nicht mehr übertragbar; in alltäglichen Situationen besteht sowieso kein Risiko.

Die Polizeiakademie Niedersachsen dagegen hatte entgegen einem Experten-Gutachten behauptet, der Anwärter sei für den Polizeidienst untauglich.

Anders als nach der Urteilsverkündung Ende Juli 2019 angekündigt, ist die Polizeiakademie aber nicht gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover in Berufung gegangen. Damit ist das Urteil rechtskräftig.

Für Jacob Hösl, der den Kläger in diesem Verfahren als Rechtsanwalt unterstützt hatte, ist das Urteil ein Meilenstein: "Wir haben damit erstmals in Deutschland eine gerichtliche Entscheidung darüber, dass Menschen mit HIV sowohl unter dem Gesichtspunkt des Risikos für Dritte als auch bezüglich des Erreichens der Dienstaltersgrenze polizeidiensttauglich sind."

Auch wenn das Urteil eines regionalen Verwaltungsgerichts nicht gleichzusetzen sei mit dem eines Oberverwaltungsgerichts oder gar des Bundesverwaltungsgerichts, hat es für Jacob Hösl wegweisende Bedeutung: "Es wird es rechtlich für Dienstherren der Polizei in anderen Bundesländern oder des Bundes schwierig sein, diese Entscheidung zu ignorieren", erklärt der Kölner Anwalt.

Sofern keine anderen (medizinischen) Gründe vorlägen, die die Polizeidiensttauglichkeit beeinträchtigen könnten, könnten sich Menschen mit HIV nunmehr bundesweit zum Polizeidienst bewerben. Eine Abweichung von dieser Entscheidung werde für andere Verwaltungsgerichte schwerlich zu begründen sein.

Darüber hinaus sei das Urteil auch für bereits verbeamtete Polizist*innen mit HIV von Bedeutung, die bisher wegen HIV Benachteiligungen bezüglich ihrer Laufbahn oder ihres konkreten dienstlichen Einsatzes hinnehmen mussten. "Einschränkungen wegen HIV werden von den polizeilichen Dienstherren kaum noch zu rechtfertigen sein", erklärt Jacob Hösl. "Natürlich wird dies nicht alle Benachteiligungen im Einzelfall beseitigen, aber das Urteil hilft, sich dagegen zu wehren."

(DAH)

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