2022-03-07: "Ärzt*innen sollten Frauen in ihrer gelebten Sexualität wahrnehmen!"
Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März kritisiert die Landesarbeitsgemeinschaft Frauen und HIV/Aids in NRW das vielfache Ausblenden möglicher sexuell übertragbarer Krankheiten.
Die umfassende Gesundheit von Frauen ist der Aidshilfe ein großes Anliegen. Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März weist die Landesarbeitsgemeinschaft Frauen und HIV/Aids in NRW besonders auf das Thema sexuelle Gesundheit hin. „Leider kommt es immer wieder dazu, dass bei Frauen eine HIV-Infektion erst spät entdeckt wird und erste Symptome einer Aidserkrankung festzustellen sind“, erklärt Manuela Brandt von der Aidshilfe Westmünsterland. „Je früher HIV entdeckt wird, je besser lassen sich Infektionen behandeln und spätere Erkrankungen vermeiden.“
Der Grund liegt nach Einschätzung der Aidshilfe-Mitarbeiter*innen darin, dass viele Gynäkolog*innen und andere behandelnden Ärzt*innen sexuell übertragbare Infektionen (STI) nicht in Betracht ziehen. „In allen Fragen rund um die Schwangerschaft und die Krebsvorsorge sind die gynäkologischen Praxen gewöhnlich gut aufgestellt, aber viele Ärzt*innen denken nicht daran, dass Frauen Sex haben, durchaus auch mit mehr als einem Partner, und somit auch Gelegenheiten, sich mit Gonorrhoe, Chlamydien oder auch HIV zu infizieren“, kritisiert Birgit Körbel von der Aidshilfe Köln. „Daher sollten den Frauen nicht erst in der Geburtsvorsorge Tests auf HIV und andere STI angeboten werden!“
Gonorrhoe und Chlamydien können Sterilität verursachen. Darüber hinaus können die meisten STI unter der Geburt auf das Neugeborene übertragen werden, Syphilis und HIV auch während der Schwangerschaft. „Wir wünschen uns, dass Frauen, unabhängig von einer Schwangerschaft, in der gynäkologischen Praxis in ihrer gelebten Sexualität wahrgenommen werden, um gesundheitsschädliche Folgen zu verhindern“, so Körbel weiter. „Vor allem Gynäkolog*innen könnten mit dazu beitragen, dass HIV bei Frauen viel früher erkannt und Spätdiagnosen häufiger vermieden würden “, ergänzt Brandt. „Wenn die Gynäkolog*innen mit den Frauen über deren Sexualleben sprechen, könnten sie auch eine Einschätzung abgeben, ob die sie ein erhöhtes Risiko haben, sich mit HIV zu infizieren, und aktiv über die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) als möglichen Schutz informieren.“
Ende 2020 lebten in Nordrhein-Westfalen circa 21.200 Menschen mit HIV, davon waren 19,25 Prozent Frauen. Von diesen geschätzten 4.080 Frauen wussten knapp acht Prozent nichts von ihrer Infektion. Von den 630 Erstdiagnosen im Jahr 2020 wurden über ein Drittel (36,5 Prozent) bei fortgeschrittenem Immundefekt festgestellt. Sowohl Frauen mit HIV als auch Ärzt*innen und medizinisches Fachpersonal können sich landesweit bei den regionalen Aidshilfen informieren, die in der Landesarbeitsgemeinschaft Frauen und HIV/Aids in NRW zusammengeschlossenen Kolleginnen stehen in 16 Städten und Regionen bereit.
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