2020-11-09: PrEP für Frauen: Cabotegravir-Depotspritze bietet hochwirksamen Schutz vor HIV
Es gibt eine Entwicklung bei der Präexpositionsprophylaxe. Bei Frauen kann die Zwei-Monats-Spritze mit Cabotegravir HIV-Infektionen wirksamer verhindern als ein täglich eingenommenes PrEP-Medikament mit Tenfovir und Emtricitabin. Dies zeigt eine Zwischenauswertung der PrEP-Studie 084 des HIV Prevention Trials Network (HPTN 084). "Das ist für Frauen, die von HIV bedroht sind, DIE Meldung des Jahres", sagt Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen Aidshilfe.
Die Studie HPTN 084 vergleicht die HIV-Prophylaxe per Cabotegravir-Spritze mit der täglichen Einnahme des PrEP-Medikaments mit den Wirkstoffen Tenofovir disoproxil (TDF) und Emtricitabin (FTC). An der Studie nehmen 3.223 Frauen zwischen 18 und 45 Jahren an 20 Standorten in sieben Ländern Subsahara-Afrikas teil (Botswana, Kenia, Malawi, Südafrika, eSwatini, Uganda und Simbabwe).
Die eine Hälfte ("Arm A") der Teilnehmerinnen bekommt alle acht Wochen eine Cabotegravir/Rilpivirin-Spritze intramuskulär verabreicht und täglich ein TDF/FTC-Placebo, die andere Hälfte ("Arm B") nimmt täglich eine TDF/FTC-Tablette ein und bekommt alle acht Wochen eine Placebo-Spritze ohne Wirkstoff. Laut Zwischenauswertung ist die Depot-Spritze beim HIV-Schutz rechnerisch um 89 Prozent wirksamer als die täglich eingenommene PrEP: Im Cabotegravir-Arm der Studie infizierten sich nur vier Frauen mit HIV, im TDF/FTC-Arm 34. Die Studie wurde deshalb geöffnet, das heißt, auch die Frauen, die bisher eine Placebo-Spritze bekamen, bekommen künftig eine Spritze mit Cabotegravir.
Die Partnerstudie HTPN 083 mit cis Männern und trans* Frauen war bereits im Mai 2020 geöffnet worden, weil sich die Depotspritze als wirksamer erwiesen hatte als die tägliche PrEP.
Cabotegravir-Zulassung zur Therapie bald erwartet, bei der HIV-PrEP dürfte es noch dauern. Cabotegravir als Depotspritze und in Tablettenform ist bisher nur in Kanada zur Behandlung der HIV-Infektion zugelassen.
In Europa hat das zuständige Komitee der Arzneimittelbehörde EMA im Oktober die Zulassung von langwirksamem Cabotegravir (unter dem Namen Vocabria) empfohlen. Mit einer Zulassung zur Therapie dürfte bald zu rechnen sein, die Zulassung zur HIV-Prophylaxe PrEP dürfte noch dauern.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO begrüßt die Ergebnisse. Die Depot-Spritze erweitere die Auswahlmöglichkeiten bei den Präventionsmitteln und habe großes Potenzial, weil die erforderliche Einnahmetreue bei langfristigem Gebrauch leichter zu gewährleisten sei als bei täglicher Einnahme.
Einige Fragen müssten allerdings noch geklärt werden, etwa zur Sicherheit und Akzeptanz bei jungen Frauen unter 18 Jahren, zur Sicherheit in der Schwangerschaft und beim Stillen, zu logistischen Fragen unter Alltagsbedingungen sowie zu möglichen Resistenzentwicklungen nach dem Absetzen der Spritzen.
Diese schwierige Phase des Absetzens einer langwirksamen PrEP wurde in den Studien bisher nicht abgebildet, da sie ja frühzeitig unterbrochen wurden.
Um eine Resistenzentwicklung nach Absetzen der Cabotegravir-PrEP zu verhindern, muss man nach der letzten Spritze noch ein Jahr lang eine PrEP mit täglicher Tabletteneinnahme durchführen. Die WHO weist deshalb darauf hin, dass von ihr seit 2015 empfohlene täglich eingenommene PrEP weiterhin eine hochwirksame Schutzmethode für Menschen mit "substanziellem HIV-Risiko" ist.
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